Maria und Elisabeth via bhjoffe |
Man meint, die Geburtsgeschichte von Lukas im Detail auswendig zu kennen. Sie ist deshalb vorrangig eine warmherzige Glaubenswahrheit oder aus weltanschaulichen Gründen der Gegenstand einer Debatte über Wahr und Unwahr.
2) Vor einigen Jahren zeigte Prof. Dr. Michael Wolter, dass dem nicht so ist, als er die „vernachlässigte Frage“ stellte: Wann wurde Maria schwanger?
Lukas erzählt in Lk 1:31, dass der Erzengel Gabriel die Schwangerschaft von Maria ankündigt: „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären …“ Ausdrücklich heißt es dann erst in Lk 2:4ff, dass Maria hochschwanger ist und die Geburt bevorsteht: „4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 6 Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.“
Zu welchem genauen Zeitpunkt aber Maria tatsächlich schwanger wurde, ist fraglich. Gewöhnlich wird angenommen, dass Maria bereits während ihres Besuches bei Elisabeth schwanger ist: „1:41 … Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt 42 und rief laut und sprach: Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes!“
Dieses Gesegnetsein der „Frucht deines Leibes“ legt natürlich nahe, dass an dieser Stelle von der „Leibesfrucht“ die Rede ist. In seiner Abhandlung wies Prof. Wolter jedoch nach, dass eine solche Annahme nicht zutreffend ist. Die von Lukas verwendeten griechischen Wörter sind beispielsweise auch in der Übersetzung der Septuaginta für Psalm 132:11 enthalten: „Der HERR hat David in Treue geschworen, davon wird er sich nicht wenden: Ich will auf deinen Thron setzen die Frucht deines Leibes.“
Man versteht, dass der altgriechische Begriff „Frucht deines Leibes“ eine Umschreibung für „Kind“ ist und nichts mit einem Embryo zu tun hat. Kinder können auch bereits für die ferne Zukunft und lange vor ihrer Geburt gesegnet sein, wie etwa 5. Mose 30:9 verdeutlicht: „Und der HERR, dein Gott, wird dir Glück geben zu allen Werken deiner Hände, zu der Frucht deines Leibes, zu den Jungtieren deines Viehs, zum Ertrag deines Ackers, dass dir's zugutekomme.“
Es ist also keineswegs eindeutig und jedenfalls nicht ausdrücklich gesagt, dass Maria bereits schwanger ist, als sie Elisabeth besucht. Prof. Wolter hat dafür plädiert, den Beginn von Marias Schwangerschaft später anzusetzen, nämlich in einem von Lukas nicht erzählten Zeitraum, der vom Leser zwischen Kapitel 1 und 2 zu denken ist.