1) Einführung
Mit etwas gemischten Gefühlen stelle ich hiermit eine von mir selbst besorgte Interlinearübertragung des Markusevangeliums online. Einerseits hoffe und glaube ich, dass eine solche Übertragung hilfreich sein könnte, wenn man gern zu einem bestimmten Vers wissen möchte, wie und was Markus denn nun „genau“ schrieb. Andererseits bin ich mir sicher, dass man diese gewünschte „Genauigkeit“ letztendlich immer verfehlt. Der hier eingestellte deutsche Text ist keine „Übersetzung“, sondern soll im Idealfall den griechischen Text mit deutschen Worten oder Umschreibungen widerspiegeln.
2) Interlinearität
In dieser Übertragung entsprechen sich jeweils ein
griechisches Wort und ein deutsches Wort bzw. jeweilige Wortzusammensetzungen.
Falls ein griechisches Wort notwendigerweise mit zwei deutschen Wörtern
wiederzugeben ist, habe ich diese entweder mit Bindestrich verbunden oder gegen
die deutsche Grammatik ohne Leerzeichen zusammengeschrieben. Im umgekehrten Fall
stehen ein Leerzeichen, ein Bindestrich und ein weiteres Leerzeichen zwischen
den Wörtern. Grammatische und sinngebende Füllwörter sind in Klammern gesetzt.
Das Zeichen <-> zwischen zwei deutschen Wörtern bedeutet, dass diese im
griechischen Text in genau umgekehrter Reihenfolge stehen.
3) Konkordanz
Ich habe mich bemüht, sehr viele Wörter konkordant zu
übersetzen, das heißt für gleiche oder stammverwandte griechische Wörter ein
jeweils gleiches oder stammverwandtes deutsches Wort zu finden.
Diese Vorgehensweise scheint mir persönlich bei einer
Vielzahl von Wörtern sinnvoll, um Zusammenhänge im Markusevangelium zu
verstehen. Man kann beispielsweise feststellen, dass das griechische Verb „ζητέω“
(suchen) und das mit diesem stammverwandte Wort „συζητέω“ im Markusevangelium regelmäßig
eine manchmal mehr oder weniger negative Bedeutung haben und dass Markus diese
Wörter anscheinend mit Bedacht gewählt hat, damit dem Leser dieser etwas „negative“
Beigeschmack des Wortes im Lauf der Lektüre bewusst wird. Aus diesem Grund habe
ich das Wort „συζητέω“ durchgängig und in Entsprechung zum Wort „suchen“ mit
dem Wort „untersuchen“ wiedergegeben, was auf den ersten Blick irritierend sein
kann, aber in der Bedeutung des Wortes nicht weniger falsch oder richtig ist,
als die in klassischen Übersetzungen verwendeten Begriffe „streiten“,
„befragen“, „einander fragen“, „sich besprechen“, „überlegen“, „diskutieren“
oder „untereinander reden“. Wer so freundlich ist, von meiner Übertragung
Gebrauch zu machen, sollte sich nur stets bewusst sein, dass der gewählte
Begriff „untersuchen“ von vornherein keine „gute Übersetzung“ sein will,
sondern nur dazu dient, dass griechische Wort „συζητέω“ und dessen
Verwandtschaft mit dem Wort „ζητέω“ (suchen) widerzuspiegeln. Dies gilt für
eine Vielzahl von Wörtern.
Konkordante Übertragungen haben meines Erachtens ihre
Grenzen und können wegen des unterschiedlichen Bedeutungsgehalts von griechischem
und deutschem Wort auch sinnlos werden. Meines Erachtens ist dies zum Beispiel
bei Präpositionen der Fall. Ich habe deshalb vorerst darauf verzichtet, alle
Wörter und Wortgruppen konkordant zu übertragen und auch im Einzelfall davon
abgesehen. Möglicherweise habe ich es sowieso bereits etwas zu sehr übertrieben
und die jetzige Fassung bedarf einer Glättung.
4) Wortsinn
Klassische Übersetzungen pflegen häufig einen
normalisierenden Sprachgebrauch und vermeiden zuweilen auch allzu
„ungewöhnliche“ Wörter und Schilderungen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist
sicherlich, wenn Jesus dem Blinden bei Bethsaida in die Augen „spuckt“ (Markus
8:23). Eine ganze Reihe von Bibelübersetzungen umschreibt dies zartfühlend,
etwa mit „benetzte ihm die Augen mit Speichel“ wie die Neue Genfer Übersetzung.
Ich habe mich in diesen Fällen stets für den wörtlichen Sinn entschieden.
So sagt Jesus bei der Austreibung des unreinen Geistes in
der Synagoge von Kafarnaum nicht etwa „Verstumme!“ zu dem Dämonisierten,
sondern „Maulhalten!“ (Markus 1:25) und bei der Speisung der 5000 lagern sich
die Menschen nicht in „Gruppen“, sondern „Beet je Beet“ (Markus 6:40). Jedem
sei versichert, dass es wörtlich so dasteht - um nur zwei Beispiele zu nennen.
5) Grundtext
Der von mir verwendete griechische Grundtext ist sehr nah
mit den international anerkannten Grundtexten verwandt und enthält nur wenige, zu
vernachlässigende Abweichungen. Ich will hier nicht die Klassiker (wie etwa Markus
1:1, 1:41, 16:9-20) erwähnen, sondern zwei andere der wenigen Abweichungen,
damit der Leser weiß, womit er zu rechnen hat.
Gegen die NA 28 und eine Reihe moderner Übersetzungen
tendiere ich konservativ dazu, in Markus 7:24 die Erwähnung von „und Sidon“ nach
„Tyrus“ eher für original zu halten.
Andererseits neige ich zu der etwas kühnen Annahme, dass der
Codex Sinaiticus gegen alle anderen Manuskripte und modernen Textfassungen für
Markus 13:10 den Vorzug verdient und das Original des Markusevangeliums nicht lautete
wie etwa die Schlachter 2000 („Und allen Heidenvölkern muß zuvor das Evangelium
verkündigt werden.“), sondern sinngemäß: „Und allen Heidenvölkern, zuerst dem
jüdischen Volk muss das Evangelium verkündigt werden.“ - „πάντα τὰ
ἔθνη πρῶτον
λαὸν“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen