Teil 3 – Viertelfinale: Lukas-Evangelium > < Nikodemus-Evangelium
Ausweislich der Vorrede handelt es sich bei dem 
Evangelium nach Nikodemus um einen aus dem Hebräischen übersetzten Augenzeugenbericht. 
Augenzeuge war danach der aus dem Johannesevangelium 
bekannte Pharisäer 
Nikodemus, der bei Prozess und Kreuzigung Jesu anwesend gewesen sei und 
seine Erinnerungen aufgeschrieben habe. Genau genommen beinhaltet „sein“ 
Evangelium drei Berichte: 1. Prozess und Kreuzigung Jesu (auch 
Pilatusakten bzw. Acta Pilati genannt), 2. Gefangennahme Josefs von 
Arimathäa und dessen Befreiung durch den Auferstandenen sowie 3. 
Höllenfahrt Christi. Entstehungsgeschichte und -zeit der Schrift sind  
ungewiss, die Lehrmeinungen reichen vom 2. Jahrhundert bis zum 6. 
Jahrhundert, ursprünglich bildete sie wohl keine Einheit. Im 
Hochmittelalter stieß das Nikodemusevangelium unvermutet auf ein reges 
Interesse und entfaltete eine reiche Nachwirkung. Selbst einige 
Bibelausgaben nahmen die Schrift mit auf und wiesen nur knapp auf deren 
Nichtkanonizität hin. Von ihrer Wirkungsgeschichte her betrachtet stehen
 mit Lukas und Nikodemus daher zwei echte Schwergewichte im Ring. Was 
ohne diese Evangelien nicht - jedenfalls nicht „so“ - entstanden wäre, ist beachtlich (um nur einiges herauszugreifen: Lukas – 
Marienverehrung, Weihnachten, Krippenspiele; Nikodemus: bestimmte 
mittelalterliche Passionsspiele beruhend auf den Acta Pilati, 
Gralslegende mitberuhend auf dem Bericht über Josef von Arimathäa, 
Dantes „Göttliche Komödie“ mitberuhend auf der Höllenfahrt).
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| Nikodemus lässt grüßen: Indi und der Gral | 
Beginnen wir mit „Lucky Luke“. In der 
Eingangsszene des Evangeliums 
bringt Zacharias ein Räucheropfer vor dem „
Allerheiligsten“ im 
Jerusalemer Tempel dar. Er steht vor jenem Vorhang im Inneren des 
Tempels, der Gott und Mensch im „alten“ Bund noch voneinander trennt, 
beim Tod des gekreuzigten Jesus nach
 Lk 23,45 „
mitten entzwei“ reißen 
und so – sinnbildlich gesehen - den Durchgang freigeben wird. Die 
lukanische Frohbotschaft beginnt damit unmittelbar vor der „irdischen 
Wohnstatt“ Gottes in seiner heiligen Stadt Jerusalem. Strikt von ihr 
ausgehend wird das Evangelium in der Apostelgeschichte des Lukas den 
Völkern der Welt gesandt, in deren antike „Hauptstadt“ Rom es zu guter 
Letzt gelangt und dort von Paulus nach 
Apg 28, 31 „
mit allem Freimut 
ungehindert“ gepredigt wird. Lukas wird gern als „
Historiker“ gepriesen.
 Wesentlicher erscheint mir jedoch, dass er ein einzigartiger 
theologischer „Geodät“ bzw. „Kartograph“ war. Ist aus heidnischer Sicht 
überhaupt ein heiligerer „Ort“ des alten Bundes vorstellbar, um ein 
Evangelium des Neuen Testaments beginnen und „beglaubigen“ zu lassen sowie
 die Zuwendung Gottes zu den Heiden plausibel darzustellen? Ich denke 
nicht. Der Anfangs-“Ort“ des Evangeliums nach Lukas ist ein echter 
Geniestreich.