Samstag, 8. Juli 2017

Das Evangelium im Schatten von Verfolgung

Paulus auf der Flucht
1) Im 2. Korintherbrief 11:23ff beruft sich Paulus auf seine Leiden als Apostel. Mehr als andere sei er ein Diener Christi, da er weit öfter unter Verfolgung und Bedrängnis gelitten habe.

23 Sie sind Diener Christi? Ich rede wider alle Vernunft: Ich bin's weit mehr! Ich habe mehr gearbeitet, ich bin öfter gefangen gewesen, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin oft in Todesnöten gewesen. 24 Von Juden habe ich fünfmal erhalten vierzig Geißelhiebe weniger einen; 25 ich bin dreimal mit Stöcken geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht trieb ich auf dem tiefen Meer. 26 Ich bin oft gereist, ich bin in Gefahr gewesen durch Flüsse, in Gefahr unter Räubern, in Gefahr von meinem Volk, in Gefahr von Heiden, in Gefahr in Städten, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter falschen Brüdern ...


2) Das Markusevangelium entwickelt ein vergleichbares Thema. Nach diesem Motiv, das sich quer durch das Evangelium zieht, steht die Verkündigung des Evangeliums unweigerlich im Schatten von Bedrängnis und Verfolgung und zieht diese nach sich. Das Thema setzt in Vers 1:14 ein, in dem Markus die Verhaftung des Täufers mit der Evangeliumsverkündigung durch Jesus verbindet.

14 Nachdem aber Johannes überantwortet wurde, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes …

Die Verkündigung von Jesus in Galiläa führt in den ersten Kapiteln schnell zu Auseinandersetzungen mit Schriftgelehrten und Pharisäern und schließlich zum ersten Todesbeschluss gegen ihn in Vers Mk 3:6. Ausdrücklich greift Markus das Thema in den Versen Mk 4:16f wieder auf:

16 Und diese sind es, die auf felsigen Boden gesät sind: Wenn sie das Wort gehört haben, nehmen sie es sogleich mit Freuden auf, 17 aber sie haben keine Wurzel in sich, sondern sind wetterwendisch; wenn sich Bedrängnis oder Verfolgung um des Wortes willen erhebt, so kommen sie alsbald zu Fall.

Das Thema findet sich im 6. Kapitel in der Gestaltungsform des Berichtes. Die Aussendung der Jünger und deren Mission bilden eine Rahmenerzählung um den Tod des Täufers.

7 Und er rief die Zwölf zu sich und fing an, sie auszusenden je zwei und zwei, und gab ihnen Macht über die unreinen Geister 8 und gebot ihnen, … 11 Und wo man euch nicht aufnimmt und euch nicht hört, da geht hinaus und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis. 12 Und sie zogen aus und predigten, man sollte Buße tun, 13 und trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und machten sie gesund.

Verse 6:14-29 Passion Johannes des Täufers

30 Und die Apostel kamen bei Jesus zusammen und verkündeten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.


In Kapitel 9 lehrt Jesus die Jünger explizit, dass ihr „Lohn“ auf Erden ein Leben „unter Verfolgungen“ sein wird.

29 Jesus sprach: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker verlässt um meinetwillen und um des Evangeliums willen, 30 der nicht hundertfach empfange: jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker mitten unter Verfolgungen – und in der kommenden Welt das ewige Leben.

Auch die Parabel von den ungetreuen Weingärtnern spricht gleichnishaft vom Tod der von Gott gesandten Propheten und von Jesus’ eigenem Tod – Mk 12:2ff.

2 Und er sandte, als die Zeit kam, einen Knecht zu den Weingärtnern, damit er von den Weingärtnern seinen Anteil an den Früchten des Weinbergs nähme. 3 Da nahmen sie ihn, schlugen ihn und schickten ihn mit leeren Händen fort. 4 Abermals sandte er zu ihnen einen andern Knecht; dem schlugen sie auf den Kopf und schmähten ihn. 5 Und er sandte einen andern, den töteten sie; und viele andere: die einen schlugen sie, die andern töteten sie. 6 Da hatte er noch einen, den geliebten Sohn; den sandte er als Letzten zu ihnen und sagte sich: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen. 7 Sie aber, die Weingärtner, sprachen untereinander: Dies ist der Erbe; kommt, lasst uns ihn töten, so wird das Erbe unser sein! 8 Und sie nahmen ihn und töteten ihn und warfen ihn hinaus vor den Weinberg.

Im 13. Kapitel hat Markus das Thema der Evangeliumsverkündigung in die Mitte einer Passage über die kommende Verfolgung der Jünger geschoben:

9 Ihr aber seht euch vor! Sie werden euch den Gerichten überantworten, und in den Synagogen werdet ihr geschlagen werden, und vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis. 10 Und das Evangelium muss zuvor gepredigt werden unter allen Völkern. 11 Und wenn sie euch hinführen und überantworten werden, so sorgt euch nicht vorher, was ihr reden sollt; sondern was euch in jener Stunde gegeben wird, das redet. Denn ihr seid's nicht, die da reden, sondern der Heilige Geist. 12 Und es wird ein Bruder den andern zum Tod überantworten und der Vater das Kind, und die Kinder werden sich empören gegen die Eltern und werden sie zu Tode bringen. 13 Und ihr werdet gehasst sein von jedermann um meines Namens willen.

Jesus’ Lehrtätigkeit in Jerusalem führt endlich zu seiner Verhaftung und seinem Tod – Mk 14:48f.:

48 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit Stangen, mich gefangen zu nehmen? 49 Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen und habe gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen.

Der Schlusspunkt des Motivs liegt meines Erachtens im zweifachen Auftreten des jungen Mannes in Mk 14:51f. und Mk 16:5ff, welches die Passion Jesu rahmt wie die Mission der Jünger den Tod des Täufers. Zunächst begegnen wir dem Jüngling in einer Verfolgungssituation und letztlich bei der Verkündung des Evangeliums.

14:46 Die aber legten Hand an ihn und ergriffen ihn. … 50 Da verließen ihn alle und flohen. 51 Und ein junger Mann (νεανίσκος - neaniskos) folgte ihm nach, der war mit einem Leinengewand bekleidet auf der bloßen Haut; und sie griffen nach ihm. 52 Er aber ließ das Gewand fahren und floh nackt.

16:5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling (νεανίσκον - neaniskon) zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. 6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. 7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.



3) Bedauerlicherweise hat jener Schreiber, der die pseudomarkinischen Schlussverse 16:9-20 verfasste, dieses Motiv verkannt oder vielleicht gar ignoriert. Statt mit Bedrängnis und Verfolgung verknüpfte er die Evangeliumsverkündigung mit „bombastischen“ Zeichen und Wundern.

PsMk 16:15 Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. 16 Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. 17 Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, in neuen Zungen reden, 18 Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, so wird's gut mit ihnen. 19 Nachdem der Herr Jesus mit ihnen geredet hatte, wurde er aufgehoben gen Himmel und setzte sich zur Rechten Gottes. 20 Sie aber zogen aus und predigten an allen Orten. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen.

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