Bartimäus: Zärtlicher Draufgänger via majide2ch.blogspot |
1) Ruhm für den „Glauben“ wird dreimal im Markusevangelium zuerkannt.
Zunächst wird diese Ehre „einigen“ zuteil, die in Mk 2,3ff das Dach eines Hauses aufbrechen, um einen Gelähmten von oben zu Jesus herabzulassen, da ihnen das „Volk“ (ὄχλον) den Weg durch die Tür versperrt: „Als nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er ...“
... oder rührseliger Opa? via lavistachurchofchrist |
Dann ist es der Ruhm einer blutenden
Frau, die sich in Mk 5,27ff durch „viel Volk“ (ὄχλος πολὺς)
drängelt und von hinten an Jesus anschleicht, um sein Gewand zu
berühren: „Meine Tochter, dein Glaube hat dich errettet
...“
Schließlich der markinische Held Bartimäus, der sich gegen die „vielen“ aus einer Menge von „genügend Volk“ (ὄχλου ἱκανοῦ) behauptet, die ihn zum Schweigen bringen wollen: „Geh, Dein Glaube hat Dich errettet ...“
Es sind alles Draufgänger, die sich „auf eigene Faust“, mit weiblicher List oder mit männlicher Rücksichtslosigkeit, quer durch die Menge zu Jesus „durchschlagen“.
Schließlich der markinische Held Bartimäus, der sich gegen die „vielen“ aus einer Menge von „genügend Volk“ (ὄχλου ἱκανοῦ) behauptet, die ihn zum Schweigen bringen wollen: „Geh, Dein Glaube hat Dich errettet ...“
Es sind alles Draufgänger, die sich „auf eigene Faust“, mit weiblicher List oder mit männlicher Rücksichtslosigkeit, quer durch die Menge zu Jesus „durchschlagen“.
2) Bartimäus wird eingangs aggressiv
Schweigen geboten: „und anherrschten ihn viele, dass er schweigen
solle ...“ Indes bleibt Bartimäus unbeirrbar: „Der aber („ὁ
δὲ“) viel mehr schrie ...“
Jesus steht nun still. Er ruft
Bartimäus nicht selbst, sondern fordert andere auf, den Blinden zu
rufen. So, als ob der lautstarke und nicht im mindesten
eingeschüchterte Bartimäus guten Zuspruch nötig hätte, heißt es
dann „... und sie rufen den Blinden sagend zu ihm, sei mutig,
erhebe dich, er ruft dich.“
Doch wiederum macht Bartimäus, was er
selbst will. Erneut heißt es „Der aber ...“ („ὁ δὲ“).
Anstatt sich zu „erheben“, SPRINGT der Blinde auf. Anstatt sich
zaghaften Mutes zu Jesus zu begeben, wirft der Bettler sein Gewand
weg, alles was er besitzt, und kommt erst dann zu Jesus.
Bartimäus hat nun bei Jesus einen
persönlichen Wunsch frei: „Und antwortend ihm Jesus sagte, was DIR
- willst du - soll ich tun?“ Doch immer noch bleibt der Bettler
hartnäckig, denn zum dritten Mal heißt es: „Aber der Blinde ...“
(„ὁ δὲ τυφλὸς“). Offenbar hat er keine eigenen,
allzumenschlichen Wünsche mehr und sucht nur noch „aufschauend“
dem Willen Gottes zu folgen.
Der markinische Held, der Sohn des
Timaios (mögliches Wortspiel: „Sohn der Ehre“ [τιμάω -
timaó]), hat alles getan, um als erster vollwertig in die Nachfolge
Jesu einzutreten. Eine von Jesus durchgeführte „Heilung“ ist bei
ihm scheinbar nicht mehr von Nöten: „Und der Jesus sagte ihm, gehe
hin, dein Glaube hat errettet dich und sofort aufschaute er und
folgte ihm nach auf dem Weg.“
3) Bartimäus steht nicht nur im
Kontrast zu Jakobus und Johannes, sondern auch zu dem reichen Mann
aus Mk 10,17ff.
Jesus unterbreitet dem reichen Mann
eine private und höchstpersönliche Einladung zur Nachfolge. Der
Evangelist hebt zugleich hervor, dass Jesus den reichen Mann
liebgewonnen hat (man kann sogar mit „liebte“ übersetzen) – Mk
10,21: „Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm:
Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den
Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge
mir nach!“
Der reiche Mann wird also mit offenen
Armen empfangen. Er darf sich der Liebe von Jesus gewiss sein. Alles
wird ihm leicht gemacht. Aber er folgt dem Ruf nicht – Mk 10,22:
„Er aber wurde unmutig über das Wort und ging traurig davon ...“
Ganz anders der Draufgänger Bartimäus.
Von allen Seiten niedergemacht kämpft er sich zu Jesus durch,
entgeht den Versuchungen eigener Wünsche und ist zudem der erste,
der zärtliche Worte für Jesus findet: „Der Blinde aber sagte zu
ihm, Rabbuni, dass ich aufschaue.“ (Wegen der „Herzensliebe“,
die in der Anrede „Rabbuni“ mitschwingt, hat der Evangelist
Johannes sie „seiner“ zärtlichen Maria Magdalena in den Mund
gelegt – Joh 20,16.)
Diese Stelle ruft das Jesaja-Zitat aus Mk 7,6 in Erinnerung: „Dies Volk ehrt mich mit den Lippen; aber ihr Herz ist fern von mir.“ Bartimäus dürfte der einzige im Markusevangelium sein, der Jesus durch die zärtliche Anrede „Rabbuni“ nicht nur mit den „Lippen ehrt“, sondern dessen Herz bei dieser Äußerung auch nah bei Jesus ist.
Die Entwicklung, die Bartimäus in der
kleinen Szene nimmt, wird durch sein „Anreden“ von Jesus illustriert. Sich
zunächst „neben dem Weg“ befindend greift er zu einer pompösen messianischen,
aber lieblosen Phrase: „Sohn Davids“. Bei Jesus angelangt findet er
zu einfachen, aber herzlichen Worten: „Rabbuni“. Schließlich
tritt er in die schweigende Nachfolge „auf dem Weg“ ein, die
Jesus an der namenlosen Salberin von Betanien in Mk 14,9 so loben
wird.
4) Anspielungen? Jericho und die
Landnahme in der Septuaginta
Mk 10,49: Jesus steht still (στὰς).
Es ist das selbe Verb, dass die Septuaginta für das Stillstehen der
Sonne bei bei der Landnahme der Israeliten in LXX-Iesous 10,12f
verwendet: „Damals redete Iesous mit dem Herrn ... und er sprach
...: Lass die Sonne, stillstehen (στήτω) zu Gabaon, ... Da
waren die Sonne und der Mond im Stillstand (στάσει), bis Gott
sie gerächt hatte an ihren Feinden.“
Auch Bartimäus scheint das Stillstehen
von Jesus zum Triumph nutzen zu können.
So wie dem Iesous der Septuaginta vor
Jericho ein Engel mit Schwert, der Heerführer des Herrn, an die
Seite tritt, so scheint im Markusevangelium auch Bartimäus in
Jericho aufzutauchen, der beste Mann, den Markus in seinem Evangelium
Jesus bislang zur Seite stellt.
Freilich vollzieht sich alles in
schöner markinischer „Niedrigkeit“.
5) Die Szene Mk 10,46ff
Und sie kommen nach Jericho und
herausging er aus Jericho und seine Jünger und eine genügende
Menge.
Der Sohn Timaios, Bartimaios, blinder
Bettler saß neben dem Weg
und gehört habend, dass Jesus der
Nazarener ist,
begann er zu schreien und zu sagen,
Sohn Davids, Jesus, erbarme dich
meiner.
Und anherrschten ihn viele, dass er
schweigen solle.
Der aber viel mehr schrie,
Sohn Davids, erbarme dich meiner.
Und stillstehend Jesus sagte,
ruft ihn,
und sie rufen den Blinden sagend zu
ihm,
sei mutig, erhebe dich,
er ruft dich.
Der aber weggeworfen habend sein
Gewand, aufgesprungen,
kam zu Jesus.
Und antwortend ihm Jesus sagte,
was Dir - willst du - soll ich tun?
Der Blinde aber sagte ihm, Rabbuni,
dass ich aufschaue.
Und der Jesus sagte ihm,
Geh hin, dein Glaube hat errettet dich,
und sofort aufschaute er
und folgte ihm nach auf dem Weg.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen