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1) Markus hat den Abschnitt zwischen der ersten und zweiten Blindenheilung sichtbar gegliedert.
Fünf Mal begegnet uns zwischen Mk 8,27 und Mk 10,52 die Wendung „ἐν τῇ ὁδῷ“ - „auf dem Weg“. Sie ist außerhalb dieses Abschnitts nur in Mk 8,3 als Vorausblick erwähnt. Der Abschnitt wurde von Markus auch mit wiederkehrenden Motiven gestaltet, die sich schematisch so darstellen lassen:
1. Blindenheilung
Christus-Bekenntnis des Petrus
1. Leidensankündigung, Fehlverhalten
von Jüngern, Belehrung durch Jesus
2. Leidensankündigung, Fehlverhalten
von Jüngern, Belehrung durch Jesus
3. Leidensankündigung, Fehlverhalten
von Jüngern, Belehrung durch Jesus
Sohn-Davids-Bekenntnis des Bartimäus
2. Blindenheilung
Für die drei Lehrreden von Jesus
könnte man folgende Überschriften finden: - Mk 8,34ff: Weg der
Nachfolge, - Mk 10,29ff: Lohn der Nachfolge, - Mk 10,42ff: Art und
Weise der Nachfolge
- Nachfolge Jesu auf dem Kreuzweg durch
Selbstverleugnung
- Glaubensgemeinschaft auf dem
irdischen Leidensweg und ewiges Leben in der Zukunft
- Dienende Niedrigkeit zum Wohl aller
Gläubigen
Dem stehen als „Versuchung“ das Streben nach irdischer, vor allem auch innerkirchlicher Macht und Autorität, nach Reichtum und nach persönlichem Ansehen gegenüber.
Der Abschnitt „Auf dem Weg“ ist das
schlagende Herz des Markusevangeliums. In ihm wird eine Frage
gestellt, die um das griechische Wort „θέλει“ (thelei -
wollen) kreist: Was ist DEIN Begehr? Was willst DU? Markus verhängt
keine strengen Gebote, nichts wird unter „Strafe“ oder
„Verdammnis“ gestellt. Es ist ausdrücklich eine Frage der
eigenen Entscheidung, des freien Wunsches – Mk 8,34: „Wenn einer
will (θέλει – thelei) mir nachkommen, der verleugne sich
selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach ...“
2) Der blinde Bartimäus sitzt in Mk
10,46 zunächst neben dem Weg („παρὰ τὴν ὁδόν“).
Ihm stellt Jesus schließlich diese Frage (Mk 10,51): „Was willst
(θέλεις – theleis) du, dass ich für dich tun soll?“ Nach
seiner „Heilung“ („Dein Glaube hat Dich gerettet“) folgt
Bartimäus schließlich Jesus nach „ἐν τῇ ὁδῷ“ - auf
dem Weg.
Was Bartimäus wollte? Er wünschte nur „ἀναβλέπω“ (anablepó) zu sein - „aufblickend“, den Willen Gottes erkennend …
Natürlich lässt Markus die Gelegenheit nicht ungenutzt, sich über die Jerusalemer „Säulen“ lustig zu machen. Denn auch Jakobus und Johannes wird haargenau die gleiche Frage gestellt:
Mk 10,36 Jakobus und Johannes |
Mk 10,51 Bartimäus |
„… εἶπεν αὐτοῖς, Τί θέλετέ με
ποιήσω ὑμῖν“ |
„Ἰησοῦς εἶπεν, Τί σοι θέλεις
ποιήσω“ |
„... er sagte ihnen, Was ihr wollt von mir, ich soll tun für
euch?“ |
„Jesus sagte, Was für dich, du willst, ich soll tun? |
Peinlicherweise wünschen sich beide
„kirchliche“ Macht und persönliches Ansehen (Mk 10,37): „Gib
uns, dass wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner
Linken in deiner Herrlichkeit.“
3) Matthäus und Lukas sind redlich
bemüht, den schlechten Eindruck auszubügeln, den Jakobus und
Johannes im Markusevangelium hinterlassen.
Bei Matthäus tragen nicht die beiden Jünger diesen eigennützigen Wunsch vor, sondern ihre Mutter (wohl von Sohnesliebe geblendet). Lukas lässt die Szene ganz aus und bringt eine eigene Anekdote mit Jakobus und Johannes, in der er die beiden Jünger, die Markus in Mk 3,17 als „Donnersöhne“ bezeichnet, als feurig und etwas zu leidenschaftlich in ihrer Liebe zu Jesus darstellt.
Der markinische Held aber, der blinde Bartimäus, der alle 12 Jünger in den Schatten stellt, bleibt im Matthäus- als auch im Lukasevangelium ungenannt, so dass sich die beiden Evangelisten ironischer Weise wie jene verhalten, die Bartimäus im Markusevangelium zum Schweigen bringen wollen – Mk 10,48.
Wie so häufig ist es der Evangelist
Johannes, der in seiner Blindenheilungs-Szene Markus am redlichsten
interpretiert und offen ausspricht, was Markus als gleichnishaftes
Rätsel angelegt hat – Joh 9,26ff: „Da fragten sie ihn: Was hat
er mit dir getan? Wie hat er deine Augen aufgetan? … Wir wissen,
dass Gott mit Mose geredet hat; woher aber dieser ist, wissen wir
nicht. Der Mensch antwortete und sprach zu ihnen: Das ist
verwunderlich, dass ihr nicht wisst, woher er ist, und er hat meine
Augen aufgetan. Wir wissen, dass Gott die Sünder nicht erhört;
sondern den, der gottesfürchtig ist und seinen Willen tut, den
erhört er. … Und Jesus sprach: Ich bin zum Gericht in diese Welt
gekommen, damit, die nicht sehen, sehend werden, und die sehen, blind
werden. “
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