Eingangsbemerkung: Es soll nicht die Frage beantwortet werden, wann der "historische" Jesus "wirklich" starb. Meine Frage lautet lediglich, ob das Markusevangelium widerspruchsfrei ist.
Schritte
1. Nach Markus prophezeit Jesus dreimal, dass er "nach drei Tagen" auferstehen werde.
2. Auslegung: "nach drei Tagen" bedeutet "am vierten Tag"
3. Problem: Hat sich Markus verzählt (Freitagskreuzigung)?
4. Knackpunkt ist der "Rüsttag" in Mk 15,42.
5. Auslegung: Begräbnis am Rüsttag nach jüdischer Zählung am Tag nach der Kreuzigung
6. Antwort: Markus ohne Widerspruch - Das leere Grab wird "am vierten Tag" aufgefunden.
Merksatz: Habt Vertrauen zu Markus dem Großen!
1. Prophezeiungen im Markusevangelium
Nach Markus prophezeit Jesus dreimal, dass er "nach drei Tagen" auferstehen werde:
Mk 8,31: "Und er fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen."
Mk 9,31: "Denn er lehrte seine Jünger und sprach zu ihnen: Der Menschensohn wird überantwortet werden in die Hände der Menschen und sie werden ihn töten; und wenn er getötet ist, so wird er nach drei Tagen auferstehen."
Mk 10,34: "Die werden ihn verspotten und anspeien und geißeln und töten, und nach drei Tagen wird er auferstehen."
2. Zum Verständnis von "nach drei Tagen" (Dank an Bernard Muller, der die Nachweise auffand)
Es ist evident, dass "nach drei Tagen" im Schriftkontext "am vierten Tag" bedeutet (und eigentlich natürlich sowieso logisch):
2.1. "nach drei Tagen" bedeutet "am vierten Tag"
Buch der Richter 19,4f: "Und sein Schwiegervater, der Vater der jungen Frau, hielt ihn fest, dass er drei Tage bei ihm blieb. Sie aßen und tranken und blieben dort über Nacht. Am vierten Tag erhoben sie sich früh am Morgen, und er machte sich auf und wollte fortziehen."
2. Chronik 20,25f: "Und Joschafat kam mit seinem Volk, die Beute auszuteilen, und sie fanden Vieh in Menge und Güter und Kleider und kostbare Geräte und nahmen sich so viel weg, dass es kaum zu tragen war, und teilten drei Tage die Beute aus; denn es war viel. Am vierten Tage aber kamen sie zusammen im Lobetal ..."
Josephus (Jüdischer Krieg, Buch 5, Kap. 8, 2): "In dieser Weise behaupteten sie sich unter tapferem Widerstande noch drei Tage, bis sie endlich am vierten Tage dem von Titus glänzend geleiteten Sturm erlagen und an der nämlichen Stelle, wie früher, abermals in die Flucht geschlagen wurden."
Josephus (Altertümer, Buch 9, Kap. 1, 3): "He also gave his army leave to take the prey of the enemy's camp, and to spoil their dead bodies; and indeed so they did for three days together, till they were weary, so great was the number of the slain; and on the fourth day, all the people were gathered together unto a certain hollow place or valley ..."
2.2. "nach zwei Tagen" ist "am dritten Tag", "nach sechs Tagen" ist "am siebenten Tag" usw.
2. Sam 1,1f: "Nach dem Tode Sauls, als David aus der Schlacht mit den Amalekitern zurückgekommen und zwei Tage in Ziklag geblieben war, siehe, da kam am dritten Tage ein Mann aus dem Heer von Saul mit zerrissenen Kleidern und mit Erde auf seinem Haupt ..."
2. Mose 16,26: "Sechs Tage sollt ihr sammeln; aber der siebente Tag ist der Sabbat, an dem wird nichts da sein." (ebenso 2. Mose 20,11 und 3. Mose 23,3)
Josua 6,3f: "Lass alle Kriegsmänner rings um die Stadt herumgehen einmal und tu so sechs Tage lang. Und lass sieben Priester sieben Posaunen tragen vor der Lade her, und am siebenten Tage zieht siebenmal um die Stadt und lass die Priester die Posaunen blasen."
3. Problem: Hat sich Markus vertan? Ist sein Evangelium an entscheidender Stelle widersprüchlich?
Traditionell wird die Kreuzigung und der Tod Jesus auf einen Freitag datiert (Karfreitag). So wird das Markusevanglium auch in der Regel ausgelegt (z.B. Lothar Wehr bei perikopen.de). Die wenigen Exegeten, die sich mit dem Problem beschäftigen, behaupten, dass Markus sich deshalb "geirrt" habe (hierzu z.B. Steven Carr) und zwar wie folgt:
Zwischen dem Tod Jesu vermeintlich am Karfreitag gegen 15.00 Uhr (Markus 15,37) und dem Auffinden des leeren Grabes am Ostersonntag gegen gefühlt 6.00 Uhr (Markus 16,2) liegen etwa 39 Stunden, jedenfalls aber nicht drei Tage. Denn die Auffindung des leeren Grabes geschah bei Zugrundelegung der Freitagskreuzigung "am dritten Tag" und nicht "nach drei Tagen", was wie gezeigt "am vierten Tag" bedeutet.
Besteht demnach also im Markusevangelium ein Widerspruch zwischen den Prophezeiungen Jesu ("nach drei Tagen") und der Zeitspanne bis zur Grabfindung (nach zwei Tagen)?
4. Knackpunkt ist Markus 15,42f
Mk 15,42f: "Und als es schon Abend wurde und weil Rüsttag war, das ist der Tag vor dem Sabbat, kam Josef von Arimathäa, ein angesehener Ratsherr, der auch auf das Reich Gottes wartete, der wagte es und ging hinein zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu."
Das Auslegungsproblem lautet: Bezieht sich der in Mk 15,42 benannte "Rüsttag" auf den Kreuzigungstag oder ist nach jüdischer Tagzählung "von Abend zu Abend" bereits ein neuer Tag angebrochen, so dass "nur" die Grablegung am Rüsttag stattfand, die Kreuzigung aber am Tag vorher?
5. Auslegung Markus 15,42
lautwörtlich: "kai êdê opsias genomenês epei ên Paraskeuê ho estin Prosabbaton"
ungefähre wörtliche Übersetzung: Als (=kai) schon, bereits (=êdê) Abend (=opsias) wurde, geworden (=genomenês) weil (=epei) war (=ên) Rüsttag (=Paraskeuê) der (=ho) ist (=estin) Vor-Sabbat-Tag (=Prosabbaton)
Nach Markus 15,42 war es zu diesem Zeitpunkt also bereits Abend geworden, so dass nach jüdischer Tagzählung (von Abend zu Abend) ein neuer Tag (und eben der Rüsttag) anbrach. Kreuzigung und Tod geschahen also am Tag vor dem Rüsttag, das Begräbnis selbst fand am Rüsttag statt.
6. Antwort: Markus hat sich nicht verzählt. Sein Evangelium ist widerspruchsfrei!
Nach Markus 16,1f kamen die Frauen am Tag nach dem Sabbat zum Grab: "Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging."
Die chronologische Abfolge ist:
erster jüdischer Tag (Kreuzigung und Tod) - am Donnerstagnachmittag - Tag vor dem Begräbnis
zweiter jüdischer Tag (Begräbnis) - ab Donnerstagabend - Rüsttag, Tag vor dem Sabbat
dritter jüdischer Tag (nichts geschieht) - ab Freitagabend bis Samstagnachmittag - Sabbat
vierter jüdischer Tag (Auffinden des Grabes) - Sonntagmorgen - Tag nach dem Sabbat
Fazit (Mk 1,15): Tut Buße und glaubt an das Evangelium (nach Markus)!
letzte Anmerkung: Beim Selbernachprüfen streng zwischen dem uns vertrauten "Rüsttag zum Pascha" und dem von Markus sogenannten "Rüsttag zum Sabbat" unterscheiden.
Einen schönen Unsinn, den ich hier mal geschrieben habe. Deshalb bleibts auch stehen ;-)
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