Freitag, 15. Dezember 2017

Von den großartigen Plänen der Hohenpriester

Die hebräische Bibel beinhaltet einige Geschichten über menschliche Vorhaben, die von Gottes eigenen Plänen durchkreuzt und ad absurdum geführt werden.

In der Regel versuchen diese Erzählungen auf humorvolle Weise den Gedanken zu vermitteln, dass göttliches Walten doch allmächtiger und menschliches Bemühen dagegen vergeblich ist. Die Erzählung von Jakobs ausgeklügeltem, aber aufgrund von Gottes Segen völlig unnötigem Versuch, seinen Bruder Esau mit menschlicher List zu versöhnen (Genesis 32:8ff, 33:8) oder von Bileam und seinem Esel (Numeri 22) mögen schöne Beispiele sein.

Auch das Markusevangelium weiß von solchen Geschichten zu erzählen. Ihr Gegenstand sind die Pläne der Hohenpriester, die entweder fehlschlagen oder vom Gotteswirken überrollt werden.

Der Handlungsstrang setzt mit Mk 11:18 ein, als die Hohenpriester die Absicht fassen, Jesus umzubringen, aber noch nach einem genauen Plan zur Umsetzung ihres Vorhabens suchen („Und es kam vor die Hohenpriester und Schriftgelehrten, und sie trachteten danach, wie sie ihn umbrächten“). Einen solchen Plan haben sie in Mk 12:12 noch nicht gefunden. Zwar setzen die Hohenpriester zu einem Versuch zur Ergreifung von Jesus an, lassen aber wegen der Volksmenge sofort wieder davon ab („Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen, und fürchteten sich doch vor dem Volk … Und sie ließen ihn und gingen davon“). Unmittelbar darauf starten sie in Mk 12:13 den nächsten Vorstoß, in dem sie ihn durch Handlanger, nämlich Pharisäer und Herodianer, im Wortgefecht überführen wollen. Aber auch dies misslingt bekanntlich („Und sie sandten zu ihm einige von den Pharisäern und von den Anhängern des Herodes, dass sie ihn fingen in seinen Worten“). In Mk 14:1 haben die Hohenpriester noch immer kein Konzept zur Verhaftung von Jesus gefunden: „Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten, wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten.“ Da taucht in Mk 14:10 unerwartete Hilfe in Gestalt von Judas auf: „Und Judas Iskariot, einer von den Zwölfen, ging hin zu den Hohenpriestern, dass er ihn an sie verriete.“ Zwar ist es den Hohenpriestern nicht gelungen, einen eigenen Plan zu entwickeln, aber die Dinge scheinen gleichwohl bestens für sie zu laufen (Mk 14:11 „Da sie das hörten, wurden sie froh und versprachen, ihm Geld zu geben“).

Gemäß Mk 14:43.48 lassen die Hohenpriester Judas von einer Menge mit Schwertern und mit Stangen begleiten, um Jesus wie einen Räuber zu fangen („43 Und alsbald … kam herzu Judas … und mit ihm eine Schar mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten und Ältesten.“ „48 Seid ihr ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit Stangen, mich gefangen zu nehmen?“). Bereits seit Mk 14:41f weiß dieser „Räuber“ aber Bescheid und weckt extra die schlafenden Jünger, um seinen Häschern entgegen zu gehen („41 Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Es ist genug … Siehe, der Menschensohn wird überantwortet in die Hände der Sünder. 42 Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, der mich verrät, ist nahe“). Gänzlich unnötig ist auch das von Judas nach Mk 14:44 ausgeklügelte Zeichen („Welchen ich küssen werde, der ist‘s …“), da Jesus öffentlich im Tempel gelehrt hat und seine Person hinreichend bekannt ist (Mk 14:49 „Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen und habe gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen“). Weil Jesus sich nunmehr aus eigenem Antrieb stellt, geht die großangelegte Aktion ins Leere und ruft eher ein Schmunzeln hervor.

Vor dem hohen Rat besteht die Prozesstaktik der Hohenpriester darin, Jesus durch belastende Zeugenaussagen zu überführen und ihn auf dieser Grundlage aburteilen zu können (Mk 14:55 „Aber die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat suchten Zeugnis gegen Jesus, auf dass sie ihn zu Tode brächten“). Trotzdem viele Zeugen verhört werden, scheitert der Plan, weil die Zeugenaussagen nicht übereinstimmen und daher nicht verwertbar sind (Mk 14:56 „Denn viele gaben falsches Zeugnis gegen ihn; aber ihr Zeugnis stimmte nicht überein. 57 Und einige standen auf und gaben falsches Zeugnis gegen ihn … 59 Aber ihr Zeugnis stimmte auch darin nicht überein“). In dieser für die Hohenpriester misslichen Lage hilft unerwarteter Weise das „Geständnis“ von Jesus, dass als Blasphemie ausgelegt wird (Mk 14 „62 Jesus aber sprach: … 63 Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Was bedürfen wir weiterer Zeugen? 64 Ihr habt die Gotteslästerung gehört. Was meint ihr? Sie aber verurteilten ihn alle, dass er des Todes schuldig sei“). Zwar klappte das eigentliche Vorhaben wieder nicht, aber das Ziel scheint dennoch erreicht.

Vergleichbares spielt sich in der Verhandlung vor Pilatus ab. Nach Mk 15:3 bringen die Hohenpriester schwere Anklagepunkte gegen Jesus vor („3 Und die Hohenpriester beschuldigten ihn hart. 4 Pilatus aber fragte ihn abermals und sprach: Antwortest du nichts? Siehe, wie hart sie dich verklagen!“). Das Todesurteil beruht aber nicht auf den Anklagepunkten der Hohenpriester, weil Pilatus ahnt, dass sie ihn „aus Neid“ anklagen (Mk 15:10 „Denn er erkannte, dass ihn die Hohenpriester aus Neid überantwortet hatten“). Erneut springt Jesus mit einem „Geständnis“ ein, das den offiziellen Verurteilungsgrund bildet (Mk 15:2 „Und Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er aber antwortete ihm und sprach: Du sagst es.“, Mk 15:26 „Und es stand geschrieben, welche Schuld man ihm gab, nämlich: Der König der Juden“).

Ursprünglich sah der Plan der Hohenpriester in Mk 14:2 vor, dass die Ermordung von Jesus auf keinen Fall während des Festes geschehen dürfe („Ja nicht bei dem Fest, damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe“). Gleichwohl geschieht alles während des Festes und die von Pilatus zum Fest geübte Gepflogenheit, einen Gefangen frei zu lassen, löst letztlich die Hinrichtung von Jesus erst aus (Mk 15:6 „Er pflegte ihnen aber zum Fest einen Gefangenen loszugeben, welchen sie erbaten“).

Ganz besonders wichtig war es den Hohenpriestern, dass Verhaftung und Hinrichtung unter Ausschluss des Volkes vonstattengehen (Mk 12:12 „Und sie trachteten danach, ihn zu ergreifen, und fürchteten sich doch vor dem Volk“, Mk 14:2 „Ja nicht bei dem Fest, damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe“). Wider Erwarten ist es jedoch gerade das Volk, das vor Pilatus mit Geschrei die Kreuzigung von Jesus fordert. Der Volkswille ist auch der tatsächliche Beweggrund von Pilatus, Jesus kreuzigen zu lassen (Mk 15:6 „Pilatus aber wollte dem Volk Genüge tun und … ließ Jesus geißeln und überantwortete ihn, dass er gekreuzigt würde“).

Das zur Hinrichtung von Jesus führende Geschehen verläuft zwar gänzlich anders als es die Pläne der Hohenpriester vorsahen - meistens ihnen sogar entgegengesetzt -, aber es läuft trotzdem wie „geschmiert“. Keinem der Beteiligten kommt der Gedanke, dass hier höheres Walten im Spiel sein könnte. Nur Pilatus hat hin und wieder den Eindruck, dass manches vielleicht ungewöhnlich ist … (Mk 15:5 „Jesus aber antwortete nichts mehr, sodass sich Pilatus verwunderte“, Mk 15:44 „Pilatus aber wunderte sich, dass er schon tot war, und rief den Hauptmann …“).

1 Kommentar:

  1. Welch eine schöne Geschichte. Es wir höchste Zeit, dass wir fragen, um was es dem theologisch gebildeten Römer des Diasporajudentums bei seiner Geschichte von einem neu- jüdischen "christlichen" Wesen, in der Rolle von Gottessöhnen, wie Propheten ging, damit sie der Welt was zu sagen hat.

    Denn dass er nicht von einem jungen Galiläer handelt, der das nicht war und wollte, für was er angeklagt und verurteilt wurde (so heute an der Hochschule gelehrte), wenn er vom Gottessohn... schrieb ist klar. Ein junger Mann, der erst nach seinem Tod zu all dem gemacht wurde, konnte dafür nicht angeklagt und gehängt werden. Und dass ein theologischer Gebildeter des Diasproajudentums, dem jetzt die Vernunftlehre als Wort/Bestimmung galt, die Worte eines landstreichend-heilspredigenden Handwerksburschen mit Lehren der Zeit mixte, um den guten Jungen auf hochliterarisch-kreative Weise jetzt als Gottessohn und neuen Propheten hinzustellen, das wäre selbst durch eine noch so große Hallunzination nicht zu erkären.

    Die Zeit, am historischen Jesus zu zweifeln, nur weil davon Markus nicht von einem jungen Mann, sondern einem Gottessohn und neuen Moses schreibt, ist um. Im Blog fordere ich nicht nur meine Lehrer als historisch-theologische Wissenschaftler auf, zu bedenken, dass sich der Verfasser keine Geschichte in nachösterlicher Glaubens-Vision (was das auch sei) aus den Fingern gesaugt hat. Er hat im aufgeklärten Verstand der Propheten als früher Philosophie, wie der die Vegetatin verkörpernder, vormals so Vernunft zum Leben bringender Gottessöhne wie Osiris, Mithras... (deren Auferstehung) die reale Geschichte des jüdischen Wortes/der Weisheit/Vernunftbestimmung geschrieben und den denen der Gottessöhne (incl. Kaiserevangelium) entgegengestellt.

    Denn dass dies im Diasproajudentum im allegorischen Verstand so bedacht wurde, dort bekanntlich der Kosmos nun der Tempel und neue Thora/Wort war, was Recht war jetzt in Natur/Sinn des Ganzen begründet wurde, ist bekannt. Auch wie dann in der weltgültigen Sinn-/Vernunftlehre (heute sagen wir Ökologie, rufen nach Weltvernunft, Ökologie des Menschen) die gottesbildfreie Bestimmung der Zukunft gesehen und von Josua, Jesus gesprochen wurde, ist historischer Fakt. Ebenso dass dies von den Schriftgelehrten, Hochpriestern wie von römischer Obrigkeit verurteilt wurde.

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