Donnerstag, 2. Januar 2014

Die Geheimnisse des Messias im Auge William Wredes


Wohin gehst Du, Herr ?
Teil 11 – Die Jünger verstehen Jesus Weissagungen nicht

Meine Lektüre von William Wredes Werk beschränkt sich auf das Verständnis dessen, was Wrede „wirklich“ sagte. Meine Absicht war und ist, nicht mehr blindlings den Einschätzungen zeitgenössischer Gelehrter über Wrede vertrauen zu müssen. Nach dem bisherigen Lesen habe ich bereits den Eindruck gewonnen, dass manche – keineswegs alle - dieser Einschätzungen enttäuschend oder wohl gar bewusst verzerrend sind. Natürlich ist es unfair, als Beleg nur ein namentliches Beispiel herauszupicken - Asche über mein Haupt! Aber: was etwa eine so gefürchtete Autorität wie Martin Hengel über Wrede zu sagen hatte, lässt mich an seinem Profitum als Neutestamentler zweifeln. Ich verstehe nicht, worin das Problem liegt, einen vielleicht „gegnerischen“, jedenfalls aber „ungeliebten“ Denker „fair und richtig“ vorzustellen. Egal, back to work !

Ebenso falsch ist es aber von einem langsamen Verstehen der Jünger zu sprechen. Markus weiss nur von einem einfachen Mangel an Verständnis.

Es heisst in Mk 9,10: 'Und sie hielten das Wort fest unter sich verhandelnd: was heisst dies 'von den Toten auferstanden sein'? Ganz parallel lautet Mk 9,32: 'Sie aber verstanden das Wort nicht, und sie fürchteten sich, ihn zu fragen.'“

Sie fragen sich: was ist und bedeutet dies von Jesus eben gebrauchte Wort von der Auferstehung? Es fehlt ihnen ... das Wortverständnis, oder sie hören das Wort wie den Laut einer fremden Sprache. Trotzdem halten sie es fest, man möchte hinzudenken, um es für eine Zeit zu bewahren, in der dann das Verständnis kam.

In der That, so ist die Meinung des Evangelisten vom Unverstande der Jünger beschaffen. Wer hier mildert und zurechtlegt, ver1ässt seinen Sinn. Und damit ist schon klar, dass diese Worte keinen historischen Charakter haben. … Ein Verständnis ist jedoch damit nicht gewonnen. Aber wir haben bei Markus eine Anschauung gefunden, die es liefert. ... Man kann es so ausdrücken: Jesus macht zwar seinen Jüngern gegenüber aus seinem Leiden und Auferstehen kein Geheimnis, aber es bleibt ihnen ein Geheimnis. Nachher, ist stillschweigends hinzugedacht, d. h. natürlich von der Auferstehung an, fällts ihnen wie Schuppen von den Augen.

Die andere kleine Szene (Mk 8,32 f.), die in Frage steht, sieht an und für sich ganz lebensvoll aus ... 'Und frei heraus redete er das Wort. Und Petrus nahm ihn zu sich her und begann ihn zu schelten. Er aber wandte sich ab und blickte auf seine Jünger und schalt ihn und spricht: gehe hinter mich, Satan; denn du sinnest nicht, was Gottes, sondern was der Menschen ist.'

Wir haben hier nur Gedanken des Evangelisten, die wir schon kennen. Petrus hat hier offenbar auch den Sinn der Weissagung begriffen; das setzt sein Auftreten voraus. Und doch hat er ihn — das ist wieder das Wesentliche — nicht begriffen. Denn sonst könnte er sich gegen die Ankündigung nicht zur Wehr setzen. Er hat eben nur menschliche Gedanken, die göttlichen Dinge und Geheimnisse bleiben ihm fremd.

Hiernach ist offenbar, dass auch diese Szene kein Moment enthält, das nicht aus den Gedanken des Markus leicht zu verstehen wäre. Sie hat einen durchaus typischen Charakter. Sollte dennoch irgend ein Rest von Historischem in ihr stecken, so wäre er jedenfalls für uns verloren.

Jedesmal korrespondiert der Weissagung ein Verhalten der Jünger, das sie als blind und unverständig gegenüber dem göttlichen Geheimnis erscheinen lässt. Das ist Schema. Dieser Schematismus aber, mag er nun einer besondern schriftstellerischen Absicht des Markus entspringen oder blos ein Zeugnis für das Sichvordrängen einer bestimmten Anschauung und einer ihm natürlichen Assoziation sein, bestätigt uns noch einmal, dass wir hier den Gedanken des Autors oder seiner Zeit gegenüberstehen, nicht aber der wirklichen Geschichte. Wir müssen die Untersuchung hier erweitern. Das Verständnis fehlt den Jüngern gerade bei den Todes- und Auferstehungsverkündigungen. Ist darauf Nachdruck zu legen? Es ist Material vorhanden, die Frage zu beantworten.

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