Freitag, 18. Oktober 2013
Kampf der Evangelien-Literatur: Kanon > < Apokryphen
Teil 5 - Viertelfinale Johannes-Evangelium - "Das ist mein Wort – Alpha und Omega"
Meines Erachtens haben Ungläubige Vor- und Nachteile beim Lesen biblischer Schriften. Nachteile entstehen vor allem bei hymnischen Texten, die ein „lebendiges“ Verstehen erfordern und den Leser auch auf Gefühlsebene ansprechen. So ergibt das Wort „Gott“ einen anderen Sinn und ein anderes Leseerlebnis, wenn darunter der Schöpfer des Kosmos und des Lebens verstanden wird, als für eine wie mich, der dies nur eine Vokabel ist, „an die andere glauben“. Während das christliche Verständnis des Textes von Gefühlen und Emotionen begleitet werden kann, ist meine Lektüre eher verhalten und sicher auch auf Verstandesebene wesentlich flacher und eindimensionaler. Die Worte, die Johannes für seinen Prolog gefunden hat, werden sich mir daher trotz aller Mühe wohl nie ganz erschließen und immer etwas im Dunklen bleiben. Ich ahne aber ein wenig, welch herrliche Lektüre dieser „leuchtende“ Hymnus für einen Christen sein muss.
Empfunden haben dies auch andere, die den Johannesprolog für ihre Neuoffenbarungen bearbeiteten. Was für die einen sich vielleicht als „dreister Raub des Johannesprologs“ darstellt, mag für jene indes nur die „Bewusstmachung“ des „darin verborgenen geheimen Wissens“ gewesen sein ;-) Ich möchte natürlich nur prüfen, ob sie auf literarischer Ebene über Johannes triumphierten oder kläglich an ihm scheiterten ...
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Dienstag, 15. Oktober 2013
Kampf der Evangelien-Literatur: Kanon > < Apokryphen
Teil 4.2 - Viertelfinale Matthäus-Evangelium - Thomas-Evangelium
Thomas, Logion 3: "Jesus sprach: Wenn die, die euch (auf Abwege) führen, euch sagen: Seht, das Königreich ist im Himmel, so werden euch die Vögel des Himmels vorangehen; wenn sie euch sagen: es ist im Meer, so werden euch die Fische vorangehen. Aber das Königreich ist in eurem Inneren, und es ist außerhalb von euch. Wenn ihr euch erkennen werdet, dann werdet ihr erkannt, und ihr werdet wissen, dass ihr die Söhne des lebendigen Vaters seid. Aber wenn ihr euch nicht erkennt, dann werdet ihr in der Armut sein, und ihr seid die Armut."
In der Armut ? Ach kommen Sie, Evangelist Thomas ! Ich will ja zugeben, dass ich von Matthäus und seinen Auslegern leicht genervt bin, aber das doch bitteschön mit Recht. Es mag einem Professor der Theologie von Berufs wegen schwer fallen, über matthäische Logik klare Worte zu finden, aber dann schweigt man eben klug. Jedoch mit halbseidenen Argumenten in Lobestöne zu verfallen ... Himmel, hilf ! Sie meinen indes, dass ich mich von anderen Auslegungen nicht ablenken lassen solle und noch einige Worte über Matthäus zu sagen hätte ?
Thomas, Logion 4: "Jesus sprach: Der alte Mensch wird nicht zögern in seinem Alter, ein kleines Kind von sieben Tagen zu befragen über den Ort des Lebens, und er wird leben; denn viele Erste werden die Letzten werden, und sie werden ein einziger werden."
Dann will ich es spaßeshalber mit einem Märchen versuchen, einer fiktiven Szene aus einem Gespräch, das gegen Ende des 1. Jahrhunderts zwischen einem Verleger christlicher Schriften und einem bereits vielbeachteten literarischen Talent geführt wurde, um einen Sitz im Leben zu bestimmen:
Verleger: "Bruder Matthäus, ich habe vom Presbyter, aber auch von anderen aus Deiner Gemeinde bereits viele lobende Worte über Deine Predigten gehört. Du bist ein großer Kenner der jüdischen Schriften. Auch ist mir berichtet worden, dass Du die von den Aposteln überlieferten Aussprüche unseres Herrn sammelst und in erbauenden Reden der Gemeinde zu Gehör bringst."
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Sonntag, 13. Oktober 2013
Kampf der Evangelien-Literatur: Kanon > < Apokryphen
Teil 4 - Viertelfinale Matthäus-Evangelium - Thomas-Evangelium
Als Bibelnärrin ist man verpflichtet zu betonen, dass Jesus´ Stammbaum nach Matthäus keine langweilige Aneinanderreihung uninteressanter Namen ist, sondern als ein aufregendes, theologisch feinsinniges Gespinst voller Anspielungen, Bedeutungen und Zahlensymbolik gewoben wurde ;-) Dazu verweise ich der Einfachheit halber mal auf die schöne Auslegung von Prof. Dr. Martin Stowasser unter perikopen.de
Mich selbst beschäftigt an der matthäischen Abstammungslinie vor allem der grundsätzliche Aspekt, dass nämlich der Evangelist das Kind des Heiligen Geistes (Mt 1, 20) und der Jungfrau Maria mit dem Ende einer über seinen Stiefpapa Josef führenden menschlichen Kette verknüpft und damit erklärtermaßen dessen Abrahams- und Davidssohnschaft betont. Über dieses Problem zerbrachen sich bereits die Kirchenväter den Kopf. Kritische Exegeten sahen es als höchst sinnwidrig an, dass sich Matthäus erst die schweißtreibende Mühe der Herleitung einer langen und äußerst raffinierten Abstammungskette gemacht habe, um diese im letzten Moment durch die Jungfrauengeburt wieder durchzutrennen und damit aufzuheben. Matthäus hätte sich damit „ja selbst ins Knie geschossen“.
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