Montag, 23. Dezember 2013

Die Geheimnisse des Messias im Auge William Wredes


Teil 5 - Messiaserkenntnis der Dämonen

William Wrede untersucht zunächst jene Verse bei Markus, in denen Jesus den Dämonen Schweigen gebietet. Er stellt fest, dass nach dem Markusevangelium nicht die von den unreinen Geistern besessenen Menschen, sondern die Dämonen selbst in Jesus den Gottessohn erkennen:

via answering-christianity.com
 "Nicht die Menschen, sondern die in ihnen wohnenden Dämonen haben die Erkenntnis, es ist die Erkenntnis übernatürlicher Wesen. Und das Objekt ihrer Erkenntnis ist ebenfalls übernatürlich: es ist nicht der menschliche Jesus als solcher, sondern es ist der mit dem Pneuma ausgestattete, der übernatürliche Jesus, der Sohn Gottes ... Der Dämon spricht aus dem Kranken und statt seiner ... Jesus spricht seinerseits auch nicht zum Kranken, sondern herrscht den Dämon selber an. Einer Bekanntschaft des Kranken mit Jesus bedarf es nicht ..."


Wredes Basis ist dabei das gesamte Material des Markusevangeliums, in denen von der Messiaserkenntnis der unreinen Geister die Rede ist. Auf mehreren Seiten prüft Wrede alsdann die auch heute noch beliebte Vorstellung, dass den Austreibungsberichten im Markusevangelium ein historischer Kern zu Grunde liegen könnte. Bereits zu Wredes Zeit bestand die Überlegung, angeblich hätten "Hysterische oder sonst Gestörte in zahlreichen Fällen Jesus als Messias angeredet, als er als solcher noch gänzlich unbekannt war."

Souverän verwirft Wrede diese Theorie. Markus kommt es entscheidend auf die Wiederholungen der Messiaserkenntis der Dämonen an. Vor diesem Hintergrund sei es nach Wrede nicht nachvollziehbar, dass stets nur Geisteskranke, dies aber immer wieder, in Jesus den Messias erkannt hätten, nicht aber ein Jünger, ein anderer Kranker oder ein Außenstehender.

"Die Häufigkeit seiner Wiederkehr, besonders auch die beiden allgemeinen Schilderungen (Mk 1, 34; Mk 3,11) beweisen, dass der Punkt für den Erzähler Wert hat, und aus seiner Gesamtanschauung von dem Verhältnis zwischen Dämonen und Sohn Gottes wird das auch sofort verständlich."

Das bestmöglichste Verständnis des Textes ergibt sich, wenn wir in den maßgeblichen Stellen des Markusevangeliums eine Erzählung des Evangelisten ohne historischen Kern sehen.

"Wollen wir hier einen dürftigen Rest von Geschichte finden, so müssen wir uns den Markusbericht erst nach Gutdünken zurechtstutzen,damit er erträglich wird, und er selbst bleibt unbegriffen. Verzichten wir auf die Geschichte, so lassen wird den Bericht völlig, wie er ist, und haben in der supranaturalen Anschauung des Schriftstellers, die ja das geschichtlich Unmögliche ausmacht, unmittelbar das Verständnis für das Ganze."

Warum aber erzählt Markus dann diese Szenen?

"Hier liegt nun eine bestimmte Vermutung sehr nahe. Der gegensätzliche Gedanke, dass Jesus als Messias sonst unbekannt war, wird dabei von Bedeutung gewesen sein. Niemand wusste von seiner Würde — die Geister erkannten ihn."

Nach Wredes Vorstellung erkannte also niemand in Jesus den Messias zu Anbeginn seines Wirkens. Diese Tatsache berichtigte der Evangelist Markus, in dem er den Dämonen die Funktion zukommen ließ, als erstes in Jesus den Messias erkannt zu haben.

"Markus lässt die Dämonen nicht blos Jesus als Messias anreden, er betont zweimal, dass sie ihn kennen. Dies hätte keinen Sinn, wenn er dabei nicht den Gegensatz im Auge hätte: im Allgemeinen kannte man ihn nicht."


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