1) Aufgrund der Verse 13:1-2 scheint diese Frage allenfalls von rhetorischem Wert zu sein. Auf den zweiten Blick kann man jedoch ernsthaft ins Überlegen kommen und dem widmet sich dieser Beitrag.
In der Regel wird die Frage im Hinblick auf drei Textstellen diskutiert.
11:23 Amen, das sage ich euch: Wenn jemand zu diesem Berg sagt: Heb dich empor und stürz dich ins Meer!, und wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, dass geschieht, was er sagt, dann wird es geschehen.
13:1 Als Jesus den Tempel verließ, sagte einer von seinen Jüngern zu ihm: Meister, sieh, was für Steine und was für Bauten! 2 Jesus sagte zu ihm: Siehst du diese großen Bauten? Kein Stein wird auf dem andern bleiben, alles wird niedergerissen.
14:57 Einige der falschen Zeugen, die gegen ihn auftraten, behaupteten: 58 Wir haben ihn sagen hören: Ich werde diesen von Menschen erbauten Tempel niederreißen und in drei Tagen einen anderen errichten, der nicht von Menschenhand gemacht ist.
a) Es gibt zwar auch Theologen, die trotz des ausdrücklichen Hinweises auf die „falschen Zeugen“ in Markus 14:57 mutmaßen, dass der „historische Jesus“ den Satz gesagt hat, jedoch besteht im Rahmen einer getreuen Auslegung des Markusevangeliums natürlich keine Grundlage für diese Spekulation.
b) Zum Vers 11:23 wird von einigen Autoren erwogen, dass der dort angesprochene „Berg“ der Tempelberg sei und der „Sturz ins Meer“ eine Metapher für seine Zerstörung. Ich teile diese Meinung deshalb nicht, weil der Ort des „Berges“ in vielen biblischen Schriften ein mit besonderer Bedeutung versehener Ort ist. Seit Abraham, Moses und Elia steht der „Berg“ für einen Ort der Gottesnähe und der göttlichen Offenbarungen. Es muss daher m.E. jeweils geprüft werden, wie ein biblischer Autor mit diesem traditionell geprägten Thema in seiner Schrift umgeht. Auch für das Markusevangelium gilt, dass dem „Berg“ eine besondere Bedeutung zukommt. Er ist jedoch abgesehen von einer kleinen Ausnahme (Mk 5:5) thematisch stets mit den Jüngern verknüpft, so vor allem der Berg der Berufung der Zwölf, der Berg der Verklärung und der Ölberg. Im Gegensatz hierzu erwähnt Markus an keiner Stelle, dass der Tempel auf einem Berg steht.
2) Es bleiben aus meiner Sicht daher nur die Verse 13:1-2 als ernsthaft in Betracht kommende Textstelle übrig und 99,99 % aller Bibelwissenschaftler gehen davon aus, dass Jesus mit ihnen die Zerstörung des Tempels ankündigt. Das Argument dagegen stammt vom amerikanischen Gelehrten Yaron Eliav und lautet wie folgt:
Sonntag, 18. Juni 2017
Donnerstag, 1. Juni 2017
Markus 13
1) Das 13. Kapitel des Markusevangeliums scheint mir eine einzigartige jüngere Rezeptionsgeschichte aufzuweisen.
Vielleicht kann man sagen, dass sich das Hauptinteresse der historisch-kritischen Exegese an diesem Text darauf beschränkte, zwei oder drei Verse dieses Kapitels als Prophezeiung der Tempelzerstörung zu deuten und anhand dessen das Markusevangelium auf eine Zeit um 70 n.Chr. zu datieren. Den übrigen knapp 35 Versen maß man in der Regel wenig Bedeutung bei. Sie wurden entweder im Hinblick auf die Zerstörung Jerusalems interpretiert oder als bloßes apokalyptisches Schmuckwerk für unwesentlich gehalten. Hierdurch entstand eine allgemeine Meinung, nach der das 13. Kapitel vermeintlich von der Zerstörung des Tempels und der Eroberung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. handelt. Professor Pilhofers Vorlesung mag für diese Auffassung ein gutes Beispiel sein.
Spätestens seit den 1990er Jahren kündigte sich jedoch ein Wechsel in der Wahrnehmung der Ölbergrede an. Dabei wurde vor allem die offensichtliche Tatsache herausgestellt, dass sich der Text in der Hauptsache um etwas anderes dreht und die zentrale Prophezeiung, auf die die Rede von Jesus zuläuft, das Kommen des Menschensohnes in den Wolken und die Heimführung der Auserwählten in den Versen 26 und 27 ist. Dabei verwarfen die meisten jüngeren Kommentatoren nicht die Ansicht, dass Vers 13:2 auf die Tempelzerstörung anspielen könnte. Sie sahen in dieser Anspielung jedoch nicht mehr das Leitthema, unter dem das 13. Kapitel zu lesen ist. Vor allem simple Wahrheiten fielen dabei ins Gewicht, so etwa der Umstand, dass im gesamten Kapitel weder Jerusalem noch der eigentliche Tempel (ναός - naos) genannt wird. Der äußere Tempelbezirk mit den Vorhöfen (ἱερόν - hieron) wird zwar erwähnt, dabei wird aber von Markus nur erzählt, dass Jesus ihn verlässt (Mk 13:1) und später ihm gegenüber auf dem Ölberg sitzt (Mk 13:3). Jesus selbst spricht ausdrücklich mit keiner Silbe über ihn.
Was in zunehmendem Maß als inakzeptabel erscheint, ist die Vorstellung, dass wenige Andeutungen in drei Versen das zentrale Thema des Kapitels bilden sollen, während der ausdrückliche Inhalt von Jesus langer Rede nur unwesentliches Beiwerk darstellen soll. Für immer mehr Kommentatoren ist das in den Versen 26 und 27 prophezeite Kommen des Menschensohnes und die Sammlung der Auserwählten das eigentliche Thema des Kapitels, jener „Tag des Herrn“ von dem die Propheten der hebräischen Bibel sprachen und der nach Paulus wie ein „Dieb in der Nacht“ (1. Thessalonicher 5:2) hereinbrechen wird. Neben diesem alles umwälzenden Ereignis kommt der Tempelzerstörung allerhöchstens die Bedeutung einer - wenn auch nicht unwichtigen - Randnotiz zu.
Die Konsequenz des moderneren Verständnisses liegt darin, dass der bequeme Rückzug auf eine knappe Interpretation verschlossen ist und die gesamte Ölbergrede wieder gelesen und verstanden werden muss. Mit diesem Beitrag will ich nur einige kleine Anregungen für einen ersten Überblick geben, die meines Erachtens aus dem Aufbau des Kapitels folgen.
Vielleicht kann man sagen, dass sich das Hauptinteresse der historisch-kritischen Exegese an diesem Text darauf beschränkte, zwei oder drei Verse dieses Kapitels als Prophezeiung der Tempelzerstörung zu deuten und anhand dessen das Markusevangelium auf eine Zeit um 70 n.Chr. zu datieren. Den übrigen knapp 35 Versen maß man in der Regel wenig Bedeutung bei. Sie wurden entweder im Hinblick auf die Zerstörung Jerusalems interpretiert oder als bloßes apokalyptisches Schmuckwerk für unwesentlich gehalten. Hierdurch entstand eine allgemeine Meinung, nach der das 13. Kapitel vermeintlich von der Zerstörung des Tempels und der Eroberung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. handelt. Professor Pilhofers Vorlesung mag für diese Auffassung ein gutes Beispiel sein.
Spätestens seit den 1990er Jahren kündigte sich jedoch ein Wechsel in der Wahrnehmung der Ölbergrede an. Dabei wurde vor allem die offensichtliche Tatsache herausgestellt, dass sich der Text in der Hauptsache um etwas anderes dreht und die zentrale Prophezeiung, auf die die Rede von Jesus zuläuft, das Kommen des Menschensohnes in den Wolken und die Heimführung der Auserwählten in den Versen 26 und 27 ist. Dabei verwarfen die meisten jüngeren Kommentatoren nicht die Ansicht, dass Vers 13:2 auf die Tempelzerstörung anspielen könnte. Sie sahen in dieser Anspielung jedoch nicht mehr das Leitthema, unter dem das 13. Kapitel zu lesen ist. Vor allem simple Wahrheiten fielen dabei ins Gewicht, so etwa der Umstand, dass im gesamten Kapitel weder Jerusalem noch der eigentliche Tempel (ναός - naos) genannt wird. Der äußere Tempelbezirk mit den Vorhöfen (ἱερόν - hieron) wird zwar erwähnt, dabei wird aber von Markus nur erzählt, dass Jesus ihn verlässt (Mk 13:1) und später ihm gegenüber auf dem Ölberg sitzt (Mk 13:3). Jesus selbst spricht ausdrücklich mit keiner Silbe über ihn.
Was in zunehmendem Maß als inakzeptabel erscheint, ist die Vorstellung, dass wenige Andeutungen in drei Versen das zentrale Thema des Kapitels bilden sollen, während der ausdrückliche Inhalt von Jesus langer Rede nur unwesentliches Beiwerk darstellen soll. Für immer mehr Kommentatoren ist das in den Versen 26 und 27 prophezeite Kommen des Menschensohnes und die Sammlung der Auserwählten das eigentliche Thema des Kapitels, jener „Tag des Herrn“ von dem die Propheten der hebräischen Bibel sprachen und der nach Paulus wie ein „Dieb in der Nacht“ (1. Thessalonicher 5:2) hereinbrechen wird. Neben diesem alles umwälzenden Ereignis kommt der Tempelzerstörung allerhöchstens die Bedeutung einer - wenn auch nicht unwichtigen - Randnotiz zu.
Die Konsequenz des moderneren Verständnisses liegt darin, dass der bequeme Rückzug auf eine knappe Interpretation verschlossen ist und die gesamte Ölbergrede wieder gelesen und verstanden werden muss. Mit diesem Beitrag will ich nur einige kleine Anregungen für einen ersten Überblick geben, die meines Erachtens aus dem Aufbau des Kapitels folgen.
Themen
Bedrängnis,
Daniel,
Feigenbaum,
Markus 13,
Menschensohn,
Ölberg,
Tempel
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