Freitag, 18. Dezember 2015

Triumphaler Einzug in Jerusalem?


1) Was bleibt von der Perikope über Jesus' Ankunft in Jerusalem übrig, wenn man all das wieder abzieht, was Matthäus, Lukas und Johannes hinzugedichtet haben - an Palmwedeln, doppelten Eseln, verärgerten Pharisäern, neugierigen Griechen, schreienden Steinen, Tränen über Jerusalem etc. ? 

Ankunft in Jerusalem nach Johannes ...

- Die Erzählung spielt bis zum Vers 11:10 noch auf dem letzten Wegstück in Richtung Jerusalem. Sie erzählt nicht von einem „Einzug“ in die Stadt.

- Das Reittier ist ein Fohlen, dessen Indienstnahme von Markus sehr detailliert beschrieben ist.

- Viele sich entkleidende (nackte?) Menschen begegnen dem Leser. Die Jünger werfen ihre Gewänder dem Fohlen über, die große Menge bettet sie in den Weg.

- Hosanna-Rufe, die sich nicht auf Jesus zu beziehen scheinen.

- Während Jesus in den anderen Evangelien große Aufmerksamkeit mit seiner Ankunft erzielt, ist fraglich, ob bei Markus jemand eine besondere Notiz von ihm nimmt.

- Jesus' tatsächliche Ankunft in Jerusalem in Vers 11:11 ist unspektakulär. Er inspiziert kurz den Tempel und geht dann mit den Zwölf nach Bethania.

Man liest diese Perikope und liest sie erneut und es beschleicht einen dabei der Eindruck, dass das Markusevangelium möglicherweise das Gegenteil, zumindest etwas ganz anderes erzählt als Matthäus, Lukas und Johannes. Ein „bejubelter Einzug“ von Jesus in Jerusalem scheint nach Markus nicht stattgefunden zu haben.

Meinte Markus dies?
In Vers 11:10 preisen die Pilger das kommende „Königreich unseres Vaters David“ - eine Einzelheit, die alle anderen Evangelisten gestrichen haben. Dieser Schrei der Pilger steht konträr zur Verkündigung von Jesus, der das „Königreich Gottes“ predigt und die Anrede „Vater“ ausschließlich für Gott verwendet. Wollte - so Markus - Jesus mit seinem Ritt ein Zeichen setzen und sich abgrenzen von einem Pilgerzug, der in einem nationalistisch verblendeten Freudentaumel endete?


2) Wie Matthäus die Perikope veränderte