1) Im
vergangenen Jahrhundert herrschte – wie Stefan Lücking sagen würde –
„ein rein historisches Interesse an den biblischen Texten vor. Sie
wurden nach der historischen ‚Welt hinter dem Text’ befragt, sei es
derjenigen der frühchristlichen Gemeinden oder der des ‚Lebens Jesu’“.
Büchern, die diesem Interesse und dem, was damals als wichtig und
wesentlich galt, nicht gerecht wurden, blieben Wahrnehmung und
Anerkennung häufig versagt. Man meinte, dass sie das eigentliche Thema
verfehlt hätten. Unter diesen wenig beachteten Arbeiten findet sich auch
ein kleines Meisterwerk: Stefan Lückings „Mimesis der Verachteten“. In welchem Verhältnis steht das Markusevangelium zur Literatur der griechisch-römischen Antike? Und was für eine Art von Literatur stellt es dar? Marius Reiser meinte einst, es handele sich bei der markinischen Erzählung um „hellenistische Volksliteratur“, Eve-Marie Becker ordnete es der heidnischen Geschichtsschreibung zu, Klaus Berger sah darin vor allem eine Art antike griechische Biografie.
Gegen diese beruhigenden Einordnungen zeigt Lücking, dass das Markusevangelium in mehrfacher Hinsicht mit den Eigenheiten der hellenistischen Literatur brach und sich von ihr entschieden absetzte. Für die Welt der griechisch-römischen Literatur war die Erzählung von Markus nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch in der Art und Weise des Erzählens etwas Neues, Fremdes und Unerhörtes.