Mittwoch, 15. Januar 2014

Mk 9,38-42: Der fremde Wundertäter ist Paulus


Mk 9,38-42
: „Johannes sprach zu ihm: Meister, wir sahen einen, der trieb böse Geister in deinem Namen aus, und wir verboten's ihm, weil er uns nicht nachfolgt. Jesus aber sprach: Ihr sollt's ihm nicht verbieten. Denn niemand, der ein Wunder tut in meinem Namen, kann so bald übel von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Denn wer euch einen Becher Wasser zu trinken gibt deshalb, weil ihr Christus angehört, wahrlich, ich sage euch: Es wird ihm nicht unvergolten bleiben. Und wer einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, dass ihm ein Mühlstein an den Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde.
Paulus via
xnapologetics.wordpress.com

Schritte

1. Überlieferung: Markus als Schüler, Dolmetscher und Sekretär des Petrus
2. Darstellung des Petrus und der Zwölf im Markusevangelium
3. Von Markus beabsichtigter Zweck dieser Darstellung
4. Was wollen Petrus und die Zwölf?
5. Mk 9, 38-42: Der fremde Wundertäter ist Paulus


Schritt 1 - Überlieferung: Markus als Schüler, Dolmetscher und Sekretär des Petrus

Nach der traditionellen Überlieferung war der Evangelist Markus der Schüler und Dolmetscher des Petrus, ein Begleiter des Paulus sowie das Kind der Eltern, in derem Jerusalemer Haus Jesus mit seinen Jüngern des letzte Abendmahl abhielt. Das Quellenstudium wirft auf diese Überlieferung jedoch teilweise ein anderes Bild.



1. Ausgehend von der herkömmlichen Schriftdatierung begegnet uns zunächst im Brief an Philemon ein Markus, der kurz als Mitarbeiter des Paulus identifiziert wird.

Phlm 1,24: „Es grüßt dich Epaphras, mein Mitgefangener in Christus Jesus, Markus, Aristarch, Demas, Lukas, meine Mitarbeiter.

Im Kolosserbrief wird dieser als Vetter des Barnabas und im 2. Timotheus-Brief als nützlich im Dienst beschrieben.

Kol 4,10: „Es grüßt euch Aristarch, mein Mitgefangener, und Markus, der Vetter des Barnabas - seinetwegen habt ihr schon Weisungen empfangen; wenn er zu euch kommt, nehmt ihn auf ...

2 Tim 4,11: „Lukas ist allein bei mir. Markus nimm zu dir und bringe ihn mit dir; denn er ist mir nützlich zum Dienst.

Die Paulinen zeichnen daher von Markus zunächst in wenigen Worten das Bild eines verlässlichen Paulusmitarbeiters.


2. In der Apostelgeschichte taucht die – jedoch indirekte - Verbindung zwischen einem Johannes Markus und Petrus auf. Denn dort sucht Petrus lediglich das Haus der Mutter des Johannes Markus auf.

Apg 12,12: „Und als er (Petrus) sich besonnen hatte, ging er zum Haus Marias, der Mutter des Johannes mit dem Beinamen Markus, wo viele beieinander waren und beteten.

Alsdann schildert die Apostelgeschichte das Verhältnis zwischen Johannes Markus und Paulus, dass wohl zumindest in Missstimmung, wenn nicht gar im Zerwürfnis beider endet.

Apg 12,25: „Barnabas und Saulus aber kehrten zurück, nachdem sie in Jerusalem die Gabe überbracht hatten, und nahmen mit sich Johannes, der den Beinamen Markus hat.

Apg 13,5: „Und als sie in die Stadt Salamis kamen, verkündigten sie das Wort Gottes in den Synagogen der Juden; sie hatten aber auch Johannes als Gehilfen bei sich.

Apg 13,13: „Paulus aber und die um ihn waren, fuhren von Paphos ab und kamen nach Perge in Pamphylien. Johannes aber trennte sich von ihnen und kehrte zurück nach Jerusalem.

Apg 15,36-41: „Nach einigen Tagen sprach Paulus zu Barnabas: Lass uns wieder aufbrechen und nach unsern Brüdern sehen in allen Städten ... Barnabas aber wollte, dass sie auch Johannes mit dem Beinamen Markus mitnähmen. Paulus aber hielt es nicht für richtig, jemanden mitzunehmen, der sie in Pamphylien verlassen hatte und nicht mit ihnen ans Werk gegangen war. Und sie kamen scharf aneinander, sodass sie sich trennten. Barnabas nahm Markus mit sich und fuhr nach Zypern. Paulus aber wählte Silas ...


3. Im 1. Petrusbrief ist alsdann eine enge Beziehung zwischen einem Markus und Petrus angedeutet, der diesen als „meinen Sohn“ vorstellt.

1 Pet 5,12-13: „Es grüßt euch aus Babylon (Anm.: Chiffre für Rom) die Gemeinde, die mit euch auserwählt ist, und mein Sohn Markus.


4. Nach einer Bemerkung von Eusebius soll einem Papias von Hieropolis, dessen Tod auf etwa um 140 datiert wird und dessen Schriften nicht mehr erhalten sind, von einem Presbyter gelehrt worden sein, dass der Evangelist Markus der Hermeneut (wohl Dolmetscher) des Petrus gewesen sein soll. Bei Papias taucht also - wenn auch nur indirekt durch Eusebius vermittelt - wahrscheinlich erstmals der Gedanke auf, dass der Evangelist mit Namen Markus hieß sowie Schüler und Dolmetscher des Petrus gewesen sei.

Eusebius, Kirchengeschichte, Buch 3, Kap 39: „Nachdem wir nun die wissbegierigen Leser darauf aufmerksam gemacht haben, halten wir es für unsere Pflicht, außer seinen obigen Bemerkungen nun auch noch die Überlieferung anzuführen, welche er (Papias) bezüglich Markus, des Verfassers des Evangeliums, aufgezeichnet hat. Er schreibt: ‘Auch dies lehrte der Presbyter: Markus hat die Worte und Taten des Herrn, an die er sich als Dolmetscher des Petrus erinnerte, genau, allerdings nicht ordnungsgemäß, aufgeschrieben. Denn nicht hatte er den Herrn gehört und begleitet; wohl aber folgte er später, wie gesagt, dem Petrus, welcher seine Lehrvorträge nach den Bedürfnissen einrichtete, nicht aber so, dass er eine zusammenhängende Darstellung der Reden des Herrn gegeben hätte. Es ist daher keineswegs ein Fehler des Markus, wenn er einiges so aufzeichnete, wie es ihm das Gedächtnis eingab. Denn für eines trug er Sorge: nichts von dem, was er gehört hatte, auszulassen oder sich im Berichte keiner Lüge schuldig zu machen.‘ So berichtete Papias über Markus.


5. Obwohl Justin der Märtyrer, gestorben um 165, weder Markus noch die Evangelien namentlich nennt, ist sein Zeugnis dennoch beachtlich. Denn er zitiert aus den von ihm sogenannten Denkwürdigkeiten des Apostel Petrus die Bezeichnung „Boanerges“, die lediglich im Markusevangelium zu finden ist – Mk 3,17.

Justin der Märtyrer, Dialog mit dem Juden Trypho, 106,2: „Wenn es heißt, Jesus habe einen der Apostel den Namen Petrus gegeben, und wenn in dessen Denkwürdigkeiten geschrieben steht, dass er außerdem auch noch zwei Brüdern, den Söhnen des Zebedäus, den Namen Boanerges, das ist Donnersöhne, beigelegt habe, so war damit angedeutet, dass Jesus derjenige ist, durch welchen auch die Namen Jakob und Israel verliehen und dem Auses der Name Jesus beigegeben worden war; durch letzteren Namen wurde der Rest des Volkes, das aus Ägypten ausgezogen war, in das den Patriarchen verheißene Land eingeführt.


6. Bei Irenäus von Lyon, gestorben um 202, finden wir dann gesichert die Vorstellung von Markus, dem Evangelisten, als Schüler und Dolmetscher des Petrus.

Irenäus, Gegen die Häresien,

Buch 3, Kap 1, 1: „… als Petrus und Paulus zu Rom das Evangelium verkündeten und die Kirche gründeten. Nach deren Tode zeichnete Markus, der Schüler und Dolmetscher Petri, dessen Predigt für uns auf.

Buch 3, Kap 10, 6: „Deswegen begann auch Markus, der Dolmetsch und Begleiter Petri, die Niederschrift seines Evangeliums mit den Worten: …


7. Ebenso bei Tertullian, gestorben um 220, und dann umfassend bei Eusebius von Cäsarea, gestorben um 340.

Tertullian, Die fünf Bücher gegen Marcion, Viertes Buch, Kap 5: „Dieselbe Autorität seitens der apostolischen Kirchen wird auch den übrigen Evangelien zu gute kommen, nämlich denen des Johannes und Matthäus, wenn auch das, was Markus herausgegeben, für das des Petrus angesehen wird, dessen Dolmetscher Markus war.

Eusebius von Cäsarea, Kirchengeschichte, Zweites Buch, 15. Kap: „So sehr erleuchtete das Licht der Religion die Herzen der Zuhörer des Petrus, dass sie sich nicht damit begnügen wollten, ihn ein einziges Mal nur gehört zu haben, sie wollten von der Lehre seiner göttlichen Predigt auch Aufzeichnungen besitzen. Daher wandten sie sich mit verschiedenen Bitten an Markus, den Verfasser des Evangeliums, den Begleiter des Petrus, er möchte ihnen schriftliche Erinnerungen an die mündlich vorgetragene Lehre hinterlassen. Und sie standen nicht eher von den Bitten ab, als bis sie den Mann gewonnen hatten. So wurden sie die Veranlassung zum sog. Markusevangelium. Nachdem Petrus durch eine Offenbarung des Geistes von dem Vorfalle Kenntnis erhalten hatte, soll er sich über den Eifer der Leute gefreut und die Schrift für die Lesung in den Kirchen bestätigt haben. Klemens hat diese Tatsache im sechsten Buche seiner Hypotyposen berichtet, und mit ihm stimmt Bischof Papias von Hierapolis überein. Petrus gedenkt des Markus in seinem ersten Briefe, den er in Rom selbst verfasst haben soll was er selbst andeutet, indem er diese Stadt bildlich Babylon nennt, wenn er sagt: ‚Es grüßt Euch die miterlesene Gemeinde in Babylon und Markus, mein Sohn.’


8. Beachtlich ist des Weiteren, dass Hippolyt von Rom, gestorben um 235, den Evangelisten Markus weder mit dem Johannes Markus der Apostelgeschichte noch mit Markus, dem Neffen des Barnabas, gleichsetzt. Er führt alle 3 in seiner Liste der 70 Apostel auf und zwar an Nummer 14, 56 und 65.

Hippolytus von Rom, On the Seventy Apostles:

14. Mark the evangelist, bishop of Alexandria
56. Mark, cousin to Barnabas, bishop of Apollonia.
65. Mark, who is also John, bishop of Bibloupolis.



9. Nicht unberücksichtigt kann schließlich bleiben, dass auch „Häretiker“ geltend machten, dass ihre Lehren von einem „Dolmetscher des Petrus“ überliefert worden seien, so etwa nach einer Notiz von Clemens von Alexandria der Gnostiker Basilides, gestorben um 145.

Clemens von Alexandrien, Teppiche (Stromateis), Buch 7, Kap 17: „… wie es bei Basileides der Fall ist, wenn er auch als seinen Lehrer Glaukias bezeichnet, der, wie die Anhänger des Basileides selbst rühmen, der Dolmetscher des Petrus war.


Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass allen Überlieferungen über einen Dolmetscher des Petrus nur geringer historischer Wert zukommt. Möglicherweise versuchten mehrere christlichen Strömungen um die Mitte des 2. Jahrhunderts mit diesem „Ehrentitel“ lediglich, die „Richtigkeit“ ihrer Lehre und deren Rückführbarkeit auf Petrus und Jesus zu „beweisen“.


Zusammenfassend kann jedenfalls gesagt werden, dass

- eine direkte Beziehung zwischen einem Markus und Petrus sich im Neuen Testament lediglich aus der kleinen Notiz im 1. Petrusbrief ergibt.
- eine direkte Beziehung zwischen (einem oder mehreren) Markus und Paulus sich im Neuen Testament aus drei paulinischen Notizen sowie aus der Apostelgeschichte ergibt
- die Beziehung zwischen Markus und Paulus in den Paulinen positiv und in der Apostelgeschichte eher negativ beschrieben ist
- die Vorstellung von Markus als Schüler und Dolmetscher des Petrus erst gegen Mitte des 2. Jahrhunderts nachweisbar ist

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